Diestag, 30.01.2024:
Krobo liegt im Hinterland, 40 km östlich von Sekondi. Die Straße führt Hügel auf, Hügel ab, mit 100 Kurven durch den dichten Sekundärwald. An der Hauptstraße reihen sich die kleinen Läden und Imbissstände auf die ganze Länge der Ortschaft. Ich halte an, vor einer vergitterten Veranda. Dahinter sitzt Antony, ein 67-jähriger, leicht invalider Rentner, Exlehrer. All das erfahre ich von ihm, oder von den Besuchern, die sich mit der Zeit einstellen. Ich setze mich zu ihm, er fragt ich antworte. Woher, wohin, warum.
Als dann all dieser Smalltalk erledigt ist, frage ich ihn nach den Glasperlen, deswegen ich ja hier bin. Nur zögerlich bekomme ich Antworten. Dann aber holt er aus einer Tasche einen Strang Perlen, neue, von grauenhafter Qualität. Ja sage ich, solche suche ich, doch sollten sie nicht neu sein. In der Zwischenzeit sind wir zu sechst in diesem kleinen Laden und alles redet durcheinander. Bald weiß jeder, auch viele im Dorf, was der weiße Mann sucht. Da wird telefoniert und schon zeigt mir ein neuer Besucher, was er zu verkaufen hat. Mir ist klar, das erste Armband bestimmt den Preis für alle nachfolgenden. Alle schauen gespannt zu was ich mache. Jede Perle wird begutachtet, von allen Seiten angesehen, daran gerieben, den Kopf geschüttelt, bewundernd oder abwertend. Ich frage was er haben will, große Diskussion. 200 Cedis will er haben. Nein sage ich, ist zu viel. 150 nein sage ich, kann ich nicht dafür geben. Wieder große Diskussion. Sie haben sich geeinigt, dass ich einen Preis sagen soll. So schlage ich 100 vor, große Diskussion. Für 100 (9 €) würde ich es bekommen. Ich bin einverstanden. Nun zeigt mir eine Frau ihr Armband. Es sieht zwar alt aus, ist aber grob verarbeitet und farblich unschön. Sie nimmt es zurück und geht. Große Diskussion. So frage ich Antony was los sei. Nun, sagt er, niemand könne verstehen, weshalb ich das letzte Armband nicht gekauft hätte. Ich erkläre ihm, auf was ich achte. Obwohl alle englisch sprechen, kann ich sie meist nicht verstehen und sie mich scheinbar auch nicht. Beispiel: Schischa, damit ist teacher (engl. Lehrer) gemeint, wie kommt man denn auf so was. Also Antony klärt die Gemeinde auf und weiter geht’s. Die nächste Frau bringt ihr Armband und so geht es eine Zeitlang. Am Schluss bin ich im Besitz von 2 Armbändern und einer Hand voll loser Glasperlen und habe einige Gemeindemitglieder kennen gelernt. Antony schlägt vor, zu seiner Schwiegermutter ins nächste Dorf zu fahren. Wir kommen da in ein anderes Jahrhundert. Am Hang liegend sind die Häuser einzeln, aber nah zusammen gebaut. Sie sind aus Lehm gebaut, die Dächer mit Palmblätter gedeckt. Die Wege dazwischen schmal, bucklig, vom Regen ausgewaschen.
Hinunter führen sie zu einem Plateau am Rande eines Bananen-Haines. Sofort werden Stühle für uns gebracht. So sitzen wir komfortabel am Schatten und hatten der Dinge die da kommen werden.
Die Schwiegermutter zwar blind, aber sehr selbstständig. Antony erzählt ihr wer wir sind, woher wir kommen und was uns zu ihr führt. Wasser wird in großen Bechern gebracht, Kalle lehnt ihn ab, ich habe keine Bedenken. Leider sind die Armbänder der Schwiegermutter scheußlich, doch eine Ablehnung wird nicht empfunden, einfach akzeptiert. Nun bringt der Chef 2 gleiche Armbänder mit länglichen, weißen Perlen, blau getupft , so wie ich sie noch nie gesehen habe. Ich frage nach dem Preis von einem Armband. 400 Cedis will er. Ich zeige ihm die schon Gekauften und sage ihm wie viel ich bezahlt habe. Er ist mit diesem Preis einverstanden. So habe ich nun 3 Armbänder. Ich finde, das ist genug. Wichtig war mir all die Leute kennen zu lernen, mit ihnen zu verhandeln, zu sehen wie sie wohnen und immer wieder über die kleinen Kinder zu lachen, die hell entsetzt sind über unserem Aussehen, um dann blitzartig hinter der Mutter verschwinden.
Max mit Anthony und die Einkaufs-Kollektion