Grenzübergang Senegal / Gambia + Fähre

17.01.2023 – Dienstag

Gambia ist ein Inselstaat im Senegal. Wir sind wieder tags zuvor bis kurz vor der Grenze gefahren, um möglichst einen ganzen Tag für die Grenzformalitäten zu haben. In diesem Fall kam noch dazu, dass wir nach der Grenze direkt mit der Fähre über den Gambia-River mussten , um unser Camp in Serekunda zu erreichen. Mit chaotischen Grenzübergängen kennen wir uns ja schon aus, aber von der Fähre haben wir auch nichts Gutes gehört.

Wir kamen gegen 10 Uhr an der Grenze an und mussten uns zuerst für Senegal auschecken. Bei der Polizei kein Problem, wir hatten sehr schnell unseren Ausreisestempel im Pass. Dann mussten wir zum Zoll, um unserer Auto zu deklarieren. Wir wollten keinen Ausreisestempel für Senegal ins Carnet bekommen, weil wir ja wieder in den Senegal einreisen müssen (Gambia ist eine Enklave) und wir wollten dann nicht wie bei der erstmaligen Einreise (Aus Mauretanien), dass wir nach Dakar müssen um unser Carnet wieder stempeln lassen zu müssen. Wir haben es dann hinbekommen, dass sie unsinnigerweise einen Stempel auf der weißen Rückseite gehauen haben. OK, wir waren zufrieden, sie waren zufrieden – ich hoffe, dass es bei der Wiedereinreise in den Senegal auch funktioniert. Ich fragte die Beamten, ob nun alles OK ist? und man antwortete: Ja, sie können fahren …

Soweit so gut. Wir gaben Gas und hatten gar nicht erkannt, dass bei diesem Grenzübergang alles in einem ist. Will heißen, dass keine Markierung oder Schilder zu erkennen waren, wo der Sengal aufhört und Gambia anfängt. Bei allen anderen Grenzübergängen war immer ein Stück von bis zu ca. 2 km Niemandsland zwischen den Grenzstationen. Hier war alles auf einem Platz, mit fliegenden Händlern, Ziegen, Wechselstuben, Frucht Händlern … Das Fotografieren ist hier streng verboten, deshalb habe ich aus der ‚hohlen Hand‘ fotografiert:

Wir also los, gaben Gas und hatten gleich schreienden Polizei und Zoll hinter uns. Ich stoppte und der Officer sagte ‚You are in Gambia‘, Ok sage ich, Danke und wollte weiterfahren –  keine gute Idee. Mit Beschimpfung wies man uns an, zu parken und mitzukommen. Eine Polizistin hatte Odd am Wickel, weil er nicht angeschnallt war und sollte dafür sehr viel Geld bezahlen, so umgerechnet 50 Euro – reine Willkür. Wenn man sich hier umschaut, stehen hier nur Autos herum, ohne Sicherheitsgurte, kein Mensch ist angeschnallt, die meisten Autos haben keine Scheinwerfer – gar keine, wo mal welche waren, sind jetzt nur Löcher in den Karosserien – aber er sollte bezahlen.

OK. Wir jetzt zwischen den ganzen Shops für Uhren-Plagiate, Früchte, Zement, Handies, Wechselstuben, und sonstigen Tand, die Polizei gesucht, gefunden und den Einreise-Stempel erhalten. Dann kam der Zoll und wollte mein Auto nach Waffen durchsuchen. Wie üblich, als sie sahen, wie viele Euroboxen sie zu untersuchen hätten, winkten sie ab. Jetzt musste ich mit ins Büro kommen und man wollte mein Carnet abstempel, was für Gambia nicht erforderlich ist – aber auch nicht schädlich ist. Dann fragte ich, alles OK? Can I go? Yes, welcome in Gambia. Als ich zum Auto ging, kam ein zivil gekleidetes Mädel auf mich zu, hielt mir einen bunten Ausweis unter die Nase  und sagte im total unhöflich Ton „Passport and open your car!“ Ich sagte nein, ich würde sie nicht trauen (da könnte ja jeder kommen)! Dann sagte sie, ich solle mitkommen und wir gingen  wieder zur uniformierten Polizei und sie sagten mir, dass das OK sei. Es stellte sich heraus, dass sie vom Drogendezernat war. Nun hatte ich sie verärgert und durfte in den Innenhof fahren und dort fing man an, alles auseinanderzunehmen. Eurobox für Eurobox wurde geöffnet und alles herausgenommen. Wer mich kennt, der weiß, dass in den Boxen eine hohe Packungsdichte ist. Will heißen, sie bekamen es nicht alles wieder hinein. Ich dann sehr umständlich und langwierig alles schön geordnet wieder in die Box zurück gepackt. Nach der vielleicht 7. Box gaben sie es dann auf und wollten nur noch meine Medikamente sehen. Ich musste diese Box mit ins Büro nehmen und dort wurde Medikament für Medikament untersucht, ob es bei denen auf der Drogenliste steht. 

Nachdem dieses Theater nun auch erledigt war, fuhr ich wieder auf den Parkplatz zurück. Ich suchte nun Odd und Maybrit mit ihren Unimnog. Der Unimog stand da und die beiden fand ich hinter dem Polizeigebäude. Odd war immer noch am Verhandeln mit der Strafe, dass er nicht angeschnallt war. Odd hat eine Engelsgeduld in solchen Sachen. Sie waren schon mehr als eine Stunde am diskutieren. Als ich dazukam, war man gerade da angekommen, dass der Chef der Polizei sagte, das er nun weggehen würde um nicht zu sehen, dass Odd den mittlerweile drei herumstehenden Polizei-Mädels, ein Baksheesh geben soll. Ok, sagte Odd, aber dann wolle er von jedem Mädel eine Quittung haben … da haben sie dann endgültig die Nerven verloren und gesagt, er soll abhauen – ohne Bezahlung.

Das war der Grenzübergang, jetzt schnell die 20 km zur Fähre.

Wir haben schon viel über die chaotische Fähre über den Gambia-River gehört und gelesen – und es war dann auch so. Wir stoppten bei einer Tankstelle, kurz vor der Fähre, weil Odd da noch eine Autoversicherung kaufen wollte. Ich quatschte mit den Leuten rundherum und erfuhr, dass man das Ticket schon 5 km vorher hätte kaufen müssen. Die Verkaufsstelle wäre aber schlecht zu sehen, hieß es, weil da keine Schilder stünden und sie etwas abseits von der Straße liege. OK, wir wieder zurück, nochmal gefragt, gesucht und gefunden und Tickets gekauft. Nun wieder zurück zur Fähre, will heißen, zu den Wartespuren.  Das ist eine dreispurige Schlucht mit hohen Mauern links und rechts in dem die Sonne brennt und sich kein Windchen bewegt. Es war Nachmittag, eine Fähre war gerade weg und wir mussten bei fast 40 Grad in der Sonne auf die nächste warten und hatten Zeit uns mal die anderen Autos näher anzuschauen:

Als die Fähre dann da und entladen war, brach das Chaos aus. Man fuhr jetzt nicht in der Reihenfolge wie man in der Schlange stand, nacheinander auf die Fähre, sondern die Ordner winkten die Autos, Busse und Trucks in willkürlicher Reihenfolge nach links, rechte, hinten und vorne. Da wir dieses „Baksheesh drive first“ Verfahren nicht verstanden hatten, war die Fähre plötzlich voll, fuhr ab und wir standen immer noch in der Schlange, zwar ein bisschen weiter vorne, aber wir mussten dann auf die nächste warten – die wir dann (auch ohne Baksheesh) bekommen haben.

Als wir dann nach einer Stunde auf der anderen Seite waren, wurde es langsam dunkel und wir mussten noch durch den Moloch Serekunda zum ‚Sekuta Camp‘ fahren. Die Fahrt durch die Stadt, ca. 10 km, war mal wieder wie üblich hier in diesen Ländern, der reinste Horror: 

Das Camp hier in Sukuta (Stadtteil von Serekunda) war dafür sehr schön und ruhig

Mittwoch und Donnerstag haben wir dann die ganzen Tage gebraucht, um funktionierende ATMs (Geldautomaten) zu finden, zu den Botschaften zu gehen, um Visa für die nächsten Länder zu bekommen und um SIM-Karten zu kaufen. Dafür braucht man schon mal zwei Tage! 

Es gibt nicht viele ATMs hier und dann funktioniert vielleicht jeder fünfte nur davon. Wenn dann mal einer funktioniert, ist das Limit hier in Gambia schon mal auf 3000 Dalasi begrenzt, das sind umgerechnet ~45 Euro – auf der anderen Seite ist bei meiner Kreditkarte eine geringere Abhebung als 50 Euro nicht möglich. Shit. Also eine andere internationale Bank suchen, die einen funktionierenden ATM hat, wo das Limit höher ist. Da fährt man schon mal mit einem Taxi so ein paar Stunden von Bank zu Bank. 

Die Visa zu beantragen, ist immer total unterschiedlich. Mal an der Grenze, mal übers Internet, mal muss man zu den Botschaften, mal freundlich und schnell, mal unhöflich und kompliziert. Ich habe meinen registrierten Visa-Antrag für Guinea (Conakry). Für die Elfenbeinküste (Cote d’Ivory) weiß ich noch nicht wie …

Eine SIM-Karte kaufen ist auch nicht wie bei uns, indem man einfach eine an der ALDI Kasse kauft. Man muss sich zuerst einmal durchfragen, welche der Anbieter der Beste ist, hinsichtlich der Netzabdeckung. Dann einen halbwegs kompetenten Shop suchen, weil auch Gemüsehändler mit null Kenntnissen SIM-Karten verkaufen. Wenn man einen entsprechenden Shop gefunden hat, muss man sich dort zuerst registrieren lassen. Dazu brauchen sie dann den Reisepass. Nachdem in meinem Fall hier auch die dritte SIM-Karte nicht funktionierte, ist man dahinter gekommen, dass die Registrierung schief gelaufen ist. Problem war, deutsche Reisepässe haben in den letzten 4 Stellen der ID-Nummer auch Buchstaben, das geht hier in Gambia aber nicht – es sind nur Zahlen erlaubt. Ein Lösung wäre, einen neuen Reisepass in Deutschland zu beantragen die praktischere Lösung war, mit Odds norwegischen Reisepass die SIM-Karte registrieren zu lassen. Er hatte bei den letzten vier Stellen der ID nur Zahlen. Dann im zweiten Schritt die SIM-Karte aufladen, das geht hier relativ zügig. Hurra, jetzt habe ich auch Internet.

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Eine Antwort zu Grenzübergang Senegal / Gambia + Fähre

  1. Rudolf Müssig sagt:

    Lieber Kalle,

    wenn du wieder zu Hause bist, hast du deine Prüfung als Motivations-bzw
    Resilienzlehrer aber sowas von bestanden.
    Dein Reisebericht ist sehr beeindruckend und kann sehr gut nachvollzogen
    werden.

    Weiterhin eine gute Zeit.

    Liebe Grüße
    Birgit und Rudi

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